GEHLKEN, P.-L. (1997):
Quantitative Phasenanalyse sedimentärer Minerale unter Berücksichtigung ihrer kristallchemischen Zusammensetzung.


Im Bereich umweltrelevanter Fragestellungen gewinnen Aussagen zum Stoffbestand und Stoffhaushalt von Böden, Lockersedimenten und festen Gesteinen (Zu- und Abfuhr von chemischen Elementen, Veränderungen im Mineralbestand) zunehmend an Bedeutung. Die Zuverlässigkeit dieser Aussagen hängt nicht zuletzt von der Zuverlässigkeit der angewandten Mineralanalysen ab, wobei die mineralogischen Phasenanalysen, insbesondere die von Tonmineralen, trotz aller Fortschritte in der Anwendungstechnik einschlägiger Methoden wie z. B. der Röntgendiffraktometrie erhebliche Probleme und Fehlermöglichkeiten beinhalten.

Da der Mineralchemismus wichtiger Tonminerale (Illit, Chlorit u.a.) beträchtlich schwanken kann, kann die Problematik der quantitativen Mineralbestimmung nicht durch die chemische Analyse und hieraus berechnete normative Mineralbestände umgangen werden. Die meisten Normberechnungen basieren auf willkürlichen Annahmen für den Mineralchemismus und sind dadurch stark limitiert.

Die Anwendung der Infrarotspektroskopie bietet demgegenüber interessante und bisher kaum genutzte Möglichkeiten der quantitativen Mineralbestimmung.

Untersuchungsobjekt waren ausgewählte, bereits im Rahmen von Qualitätskontrollen untersuchte Ziegeltone.

Die Ermittlung der Mineralgehalte erfolgt mit Hilfe einer gegenüber FLEHMIG & KURZE (1973) und FLEHMIG (1983) verbesserten Methodik zur quantitativen Phasenanalyse mittels Infrarotspektroskopie. Voraussetzungen für verläßliche quantitative Bestimmungen sind möglichst reine Eichproben und eine genaue Kenntnis sowohl der Korngrößen als auch der Kristallinität von Eichsubstanz und Probe. Mit Hilfe der IR-Spektroskopie (FTIR) können die einzelnen (Ton-) Mineralphasen leicht identifiziert und in engen Grenzen quantifizert werden; ferner bietet dieses Verfahren gleich der Röntgenographie den Vorteil, in Mineralgemengen indirekt Rückschlüsse auf den für die Normberechnungen benötigten Mineralchemismus nicht einzeln separierbarer Tonminerale ziehen zu können.

Bei den Illiten, denen folgende Formel K (Al,Fe3+)2-x (Mg,Fe2+)x (Al1-xSi3+xO10)(OH)2 eines dioktaedrischen Illites/Glimmers zugrunde gelegt wird, erfolgt die Bestimmung der isomorphen Substitutionen in den Oktaeder- und Tetraederschichten mittels Infrarotspektroskopie nach der Methode von GEHLKEN (1987). Die Ermittlung der bei diesem Verfahren für den Chemismus der Illite/Glimmer signifikanten Parameter (Absorptionsfrequenzen 540 – 510 cm-1 (Mg+Fetot) und Absorptionsverhältnisse E750/E830 (Mg+Fe2+)) benötigt lediglich einen relativ geringen Zeitaufwand und ermöglicht so überhaupt erst, auch größere Probenserien zu bearbeiten.

Bei den trioktaedrischen Chloriten, deren chemische Variationsbreite sich nach BRINDLEY (1961) durch die allgemeine Strukturformel (Mg6-x-yFe2+yAlx) (Si4-xAlxO10)(OH)8 ausdrücken läßt, wird die Bestimmung des Fe2+-Gehaltes (y-Wert) röntgenographisch nach der Methode von BAILEY (1975) aus der Berechnung der b0-Gitterkonstanten, die sich aus der Lage des d(060)-Reflexes bestimmen läßt, vorgenommen. Der Al-Gehalt (x-Wert), der zur weiteren Beschreibung der Chlorite notwendig ist, wird nach BRINDLEY (1961) aus der Lage der 00l-Reflexe bestimmt. Die Normberechnungen werden nach einem modifizierten Verfahren der C.I.P.W.-Norm durchgeführt.

Die auf dieser Basis durchgeführten Berechnungen zeigen eine sehr gute Übereinstimmung mit dem modalen (infrarotspektroskopisch ermittelten) Mineralbestand.

Die Untersuchungen zeigten, daß für Standardnormberechnungen aus chemischen Analysen zumindest die Al2O3-Gehalte der Illite und die Al2O3- und FeO-Gehalte der Chlorite mit hoher Annäherung bekannt sein müssen, da es sonst zu großen Fehlern kommt. In Proben, in denen neben Illiten noch weitere K-Träger (wie z. B. Kalifeldspäte) auftreten, müssen darüber hinaus die K2O-Gehalte der Illite, die sich nur mit Hilfe der quantitativen Infrarotspektroskopie in Kombination mit der chemischen Analyse ermitteln lassen, in die Normberechnungen einfließen. Zur Kontrolle der Ergebnisse bieten sich die Mg-Gehalte (in Kalifeldspat-freien Proben auch die K-Gehalte) der Illite und die Mg-Gehalte der Chlorite an.

Erst durch die gleichzeitige quantitative Ermittlung der mineralogischen und der chemischen Zusammensetzung von sedimentären Gesteinen wird eine sinnvolle Korrelation des modalen (mineralogischen) und des chemischen (normativen) Stoffbestandes möglich, erst dadurch können verläßliche Aussagen über stoffliche Veränderungen gewonnen und Variationen in der chemischen Zusammensetzung von Mineralen erfaßt werden.

Für Mehrkomponentensysteme, bei denen andere Mineralvergesellschaftungen auftreten, lassen sich ähnliche – an die jeweils vorliegenden Mineralphasen angepaßte – Berechnungsverfahren angeben.